Dienstag, 15. Dezember 2009

Wenn Kinder gross werden

Gestern Abend rief Kleine Tochter aus England an. Sie ist seit drei Wochen in einem Vier Sterne Hotel in Maidstone in der Nähe von London und macht ein Praktikum für ihr Studium im Hotel-Management. Sie fühlt sich pudelwohl, der Hoteldirektor ist sehr zufrieden und sie hat sich mittlerweile so gut eingelebt, dass sie am liebsten noch bleiben würde. Gestern Abend erzählte sie mir aber, dass der Direktor sie in der vorhergegangenen Nacht ins örtliche Krankenhaus hatte bringen müssen. Mitten in der Nacht hatte sie eine Mittelohrentzündung bekommen und dabei sei ihre  Zunge so angeschwollen, dass sie kaum noch Luft bekam.
Ich lauschte erschrocken ihrem Bericht  und fühlte ich mich schlagartig total hilflos.
Seit meine Kinder groß sind, leide ich unter massivem Kontrollverlust.
Eine Freundin aus Lisieux wird sich, sollte sie diese Zeilen lesen, ins Fäustchen lachen.
Wir hatten vor circa einem Jahrzehnt eine freundschaftliche Auseinandersetzung darüber, welche Kinder die „besseren Kinder“ sind. Sie stand auf dem Standpunkt, dass ihre Kids nicht lange genug klein bleiben könnten, während ich es nicht abwarten konnte große Kinder zu haben. Mit denen kann man wenigsten was anfangen, muss nicht permanent Taxi fahren und muss nicht mehr mit unkontrollierten Wutausbrüchen mitten im Supermarkt fertig werden, argumentierte ich.
Aber einmal groß, dann ist das Haus so leer und so ruhig, hielt sie dagegen.
Gut! Mit einem leeren Haus kann ich gut leben, heißt das im Klartext für mich, dass es schön aufgeräumt bleibt. Und still ist es auch nicht gerade. Dafür sorgen schon die Hunde und die Katzen.
Aber heute weiß ich, was sie damals wohl schon geahnt hat und es nur nicht in die richtigen Worte fassen konnte.
Es ist noch keine Woche her, das sagte ich zu Große Tochter sehnsüchtig:
Ach ich wünschte, ihr wärt noch klein!
Auf ihren erstaunten Blick hin, versuchte ich ihr zu erklären, dass ich  das Gefühl habe, als entgleiten mir die Lebensfäden meiner Kinder. Als sie alle drei noch klein waren, habe ich sie morgens in die Schule gebracht und abends wieder abgeholt. Ich wusste immer wo sie waren – maximale Entfernung 5 Kilometer- und wenn sie krank waren oder sich sonst irgendwie unwohl fühlten, hatte ich direkten Einfluss auf das Geschehen.
Heute sitze ich 800 Kilometer entfernt, völlig ahnungslos auf dem Festland, während eins meiner Kinder auf der dussligen Insel fast an ihrer eigenen Zunge erstickt. Und weit und breit keine Mummy, die sie tröstend in die Arme nimmt und sich darum kümmert, dass sich der Arzt genauso kümmert.
Ja! Die Zeit mit drei kleinen Kindern unter 10, mit einem Mann der wochenlang auf Geschäftsreise ist,  war teilweise chaotisch, nervenaufreibend und ermüdend…
Aber Mann -was bin ich froh wenn ich Kleine Tochter in knapp einer Woche wieder unter meinen Fittichen habe!

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

du hast mich gerade zum weinen gebracht.
Ich liebe dich

zozo

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Kommentare salzen meine Bloggersuppe ...

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