Samstag, 15. Januar 2011

Wenn vor dem Einschlafen Ja-Aber zuschlägt

Vor dem Einschlafen lasse ich gerne den gelebten Tag Revue passieren.
Dabei konzentriere ich mich besonders auf all die netten Kleinigkeiten, die Frau tagsüber so erlebt. Das kann so banal sein, wie das Lächeln und dem Merci der alten Dame, der ich über die Straße geholfen habe, so lustig wie das zu Streichen aufgelegte Pferd, das mit der Nase den Riegel vor das Scheunentor schob und mich prompt in der selbigen eingesperrte oder aber so Herz erwärmend wie meine Border-Collies, die sich, als ich eine schlechte Nachricht erhielt und heulend auf dem Sofa saß, rechts und links neben mich setzten und mich liebevoll abschleckend, zu trösten versuchten.
Gestern Abend lag ich im meinem Bett und versuchte dem Tag etwas Positives abzuringen.
Meist bekomme ich dann ein ganz feines, kleines Schmetterlingsgefühl im Bauch und kann mit einem dankbaren Lächeln auf den Lippen friedlich einschlummern.
"Bei Ikea war ich." 
"Ja aber Sonnenschein gab es da auch nicht zu kaufen."
Ok! dieser Ansatz ging in die Hose. Ich dachte weiter nach und - der Leser ahnt es schon: die Winterdepression hat mich voll im Griff - mir wollte partout nichts Positives einfallen.
Jeder Ansatz eines dankbaren Gedanken wurde prompt mit einem Ja-Aber quittiert:
"Ich habe ein wunderschönes großes Haus"
Ja Aber: "Mag ja sein. Aber im Moment sieht es aus als hätte eine Bombe eingeschlagen. Wie soll man sich da noch wohlfühlen?"
Wo Ja-Aber recht hat hat Ja-Aber recht: Kleine Tochter ist im 8. Monat schwanger und mit ihrem Partner aus der Bretagne wieder in die Normandie gezogen. Bis sie sich mit Job und Wohnung sortiert haben, sind sie erst einmal im Hotel Mama untergekommen. Ergo ist dort  - vier erwachsenen Kindern und Enkelkind auf dem Weg sei dank - die Bude am brennen. Das Aufräumen wird zum echten Kraftakt.
OK! Mein Haus ist im Moment kein gutes Thema! Neuer Versuch:
"Ich habe ein ganzes Holzhaus für mich und mein Scrapbooking"
"Was nützt dir das, wenn du mit leerem Kopf vor deinem Schreibtisch sitzt und dir absolut nichts einfällt!"  kam prompt die Antwort von Ja-Aber.
"Bald ist Frühling."
"Das kann aber noch locker zwei bis drei Monate dauern!"
"In meinem Bett ist es warm und kuschelig!"
"Ja aber -  hast Du das Chaos gesehen, welches im Schlafzimmer herrscht? Du solltest Deine Prioritäten neu überdenken. Vor lauter hinter den Kindern her räumen, schaffst Du es nicht mal in Deinem privaten Reich Ordnung zu halten" zeterte Ja Aber wieder von vorne los.
Frustriert setzte ich mich in meinem Bett auf und knipste das Licht wieder an. Der Hund blinzelte  verschlafen aus seinem Körbchen zu mir herüber.

Meinem kurzen Rund-um-Blick bot sich ein Szenario des Grauens: Wäscheberge türmten sich, hastig abgestellte Kartons, die mir im Flur den Weg versperrten, stapelten sich. Ein Riesen Wäscheständer auf dem die Wäsche seit Tagen trocken hing und ich noch nicht die Zeit gefunden hatte, sie zusammenzulegen, bog sich unter der Last und die Hälfte meines Kleiderschrankes verhüllten den völlig überladenen Schaukelstuhl zu einem unerkennbaren Etwas. Mein Bett erschien mir wie ein kleines verlorenes Boot, inmitten eines stürmisch grauen Ozeans der Unordnung.
"Siehste!" ätzte Ja-Aber triumphierend
"Ach! Halt doch einfach mal die Klappe" brummte ich, während ich die Beine aus dem Bett schwang und mir eine Strickjacke anzog.
Eine knappe halbe Stunde später war klar Schiff in meinem Schlafgemach!
Die Kisten waren in eine Ecke geräumt.
Die Wäsche zusammengelegt, der Ständer hinter dem Schrank verstaut.
Der Kleiderschrank wieder gut gefüllt und der Kater sprang zufrieden auf den wieder erkennbaren und freien Schaukelstuhl.
Ich kuschelte mich wieder in mein Bett und knipste das Licht aus.
"Mein Bett ist warm und kuschelig und mein Schlafzimmer gemütlich und aufgeräumt!"
Ich wartete, doch nur wohltuende Stille umfing mich.
Ja-Aber schien sich ganz offensichtlich beleidigt zurückgezogen zu haben.
Angespornt von meinem kleinen Erfolg dachte ich noch einmal ganz bewusst:
"Ich habe ein Dach über dem Kopf, mein Bett ist warm und kuschelig und mein Schlafzimmer gemütlich und aufgeräumt"
Und da war es: das kleine, zarte Schmetterlingsgefühl der Dankbarkeit im Bauch.
Gut!
Lächelnd drehte ich mich auf die Seite und schlief ein.

1 Kommentar:

Doris hat gesagt…

hach - ich liebe deine geschichten. liebe grüsse

Kommentar veröffentlichen

Kommentare salzen meine Bloggersuppe ...

Related Posts Plugin for WordPress, Blogger...