Sonntag, 10. April 2011

Wenn Scrapbooking sogar die französische Bürokratie besiegt

Vor ein paar Wochen bekam ich einen Anruf vom Krankenhaus in Bolbec und eine Dame erkundigte sich, ob ich bereit wäre, einer der Angestellten im Pflegebereich im Scrapbooking auszubilden.
Ob ich bereit wäre? Was für eine Frage? Na klar doch! Mit Handkuss!
Wir tauschten die nötigen Information aus, ich gab ihr die Steuernummer von meiner Ich-AG und sie versprach mir, dass sich meine zukünftig "Auszubildende" persönlich mit mir in Verbindung setzen würde, um alles weitere zu besprechen.
Sie war happy! Ich war happy
Alles hätte so schön sein können ... wenn, ja wenn... uns die Krankenhausadministration nicht dazwischen gefunkt hätte. Das Krankenhaus ist nämlich nur dann bereit die Fortbildungskosten ihrer Angestellten zu übernehmen, wenn das auszubildende Unternehmen, in diesem Falle ich, eine numéro de création et d'éxistance vorweisen kann.
Eine bitte was?
Wer sich an dieser Stelle seines Französisch noch ein klein wenig mächtig glaubt und vielleicht versucht die Nummer Dingsda zu übersetzen, braucht sich die Mühe gar nicht erst zu machen, denn ich stand trotz fast perfektem Französisch genauso auf dem Schlauch.
Nach Rücksprache mit der verantwortlichen Dame des oben genannten Krankenhauses, ging ich in unser Hôtel des Impôts (Finanzamt) vor Ort, um mich schlau zu machen. Die hatten noch nie etwas von einer solchen Nummer gehört und verwiesen mich an die Präfektur in Evreux.
Der Monsieur, der mich dort mit einer extrem gelangweilter Stimme begrüßte, gab sich gar nicht erst die Mühe verstehen zu wollen, was ich wissen wollte und verwies mich weiter an La chambre du commerce et de l'industrie (Handelskammer). Die Dame die sich hier meiner Sache an nahm, Gott sei Dank wenigstens um ein etliches freundlicher als ihr Vorgänger, schien mit oben genannter exotischer Nummer so rein gar nichts anfangen zu können.
"Versuchen Sie es mal bei der URSSAF (Krankenversicherung)! Warten Sie ich gebe Ihnen die Nummer!"
In der Zwischenzeit war es Mittwoch, der Tag an dem Nathalie "der Azubi" zum Schnupperkurs in meinen Workshop kommen sollte. Wir waren uns auf Anhieb sympathisch und als sie wieder ging, war sie begeistert und überzeugt, dass Scrapbooking genau das Richtige ist, um ihre älteren Herrschaften, die sie als Pflegekraft betreut, geistig und auch manuell aktiv und fit zu halten. Da meine Nachforschungen, was es mit dieser Nummer wohl auf sich hat, bislang aber unfruchtbar geblieben waren, machte ich mir nicht all zu viel Hoffnung sie wieder zu sehen.
Am gleichen Abend noch, hatte ich die spontane Idee, doch mal in den bis dato von mir unerforschten Tiefen des Internets den Sinn dieser geheimnisvollen, aber ach so wichtigen Nummer zu ergründen.
Das hätte ich gleich tun sollen .... und mir so etliche Telefongebühren erspart.
Nach eifrigem Lesen der vielen Dokumente wurde mir sehr schnell klar, dass ich nicht bereit bin, mich mit dem ganzen Papierkram herumzuschlagen, der die Anforderung einer solchen numéro d'éxistance mit sich führen würde. Mal ganz abgesehen davon, dass ich nicht glaube, diese am Ende überhaupt bekommen zu können,da  das Scrapbooking in Frankreich doch recht neu ist, und es keine Schule  gibt auf der man es lernen und mit einem Diplom oder einen Meisterbrief in der Tasche verlassen kann. Wir alle, die wir Scrapbooking in Workshops anbieten sind absolute Autodidakten und haben aus unserem Hobby einen 'offiziell nicht anerkannten" Beruf gemacht.
Diese, für mich dann doch ein bisschen traurige Erkenntnis mailte ich der Dame aus der Krankenhaus Administration mit Bedauern, und dem Zusatz, dass ich doch stark bezweifeln würde, dass sie hier, in der Normandie, ein mit Nummer eingetragenes Centre de Formation de Scrapbooking (Scrapbookingausbildungszentrum) finden würde. In Paris vielleicht, aber hier???
Für mich war das Thema somit gegessen und ich konzentrierte mich wieder auf die Schüler in meine Kursen.
Gestern dann der völlig überraschende Anruf von Nathalie.
Sie war so enttäuscht von der bürokratisch unflexiblen Haltung der Administration, dass sie sich in den darauf folgenden Tagen, bis zum "Directeur des Ressources Humaines" (Betriebsrat) durch boxte und dort endlich  (ausnahmsweise!) grünes Licht bekam.
Somit unterrichte ich nunmehr nicht nur an einem Gymnasium, sondern ich  habe ab Ende des Monats offiziell eine "Auszubildende".
Wer hätte das gedacht als ich vor 6 Jahren das erste Mal von diesem komischen Hobby aus Amerika hörte und stirnrunzelnd fragte:
"Scrapbooking?!" Was um alles in der Welt ist das?"

2 Kommentare:

Bille hat gesagt…

Ach du lieber Himmel, was es alles gibt. Ich dachte, nur in D wäre die Bürokratie so extrem. Glückwunsch zum Sieg!

Maren hat gesagt…

Wie cool!!!! Ich grinse so grade vor mich hin und freue mich über diese Geschichte!!!! und vor allem über das Happy End!

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Kommentare salzen meine Bloggersuppe ...

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