Donnerstag, 11. August 2011

Amazons Kindle: Warum auswandern heute so viel angenehmer ist als vor 30 Jahren

Als ich vor knapp 30 Jahren mit meinem Göttergatten nach Frankreich auswanderte - offiziell für ein paar Jahre: "Dann gehen wir wieder zurück!"  - durfte ich mich noch mit diversen Nebenwirkungen wie Heim-Freundes-und Familienweh,  Lieblingsspeisenentzug,  ausschließlich französischem Fernsehen,  Lesestoffverlust und Sehnenscheidentzündungen herumschlagen.
Internet mit Email gab es für uns Normalheimer noch nicht.
Die ellenlangen Briefe an die Beste Freundin mussten nicht nur handschriftlich geschrieben werden, sondern es brauchte Tage, bis der ebenso ellenlange Antwortbrief zurück ins Haus flatterte.
Wenn uns die Seelen zu sehr brannten griffen wir gezwungenermaßen zum Telefon.
Mit schlechtem Gewissen.
Mondscheintarife, Skype oder Messenger waren noch Embryonen in den Gehirnen ihrer Erfinder.
Wenn die Göttergatten  am Ende des Monats zähneknirschend die Mörder-Abrechnung wegen stundenlanger Auslandskommunikation der Telekom bezahlen mussten, gab es regelmäßig Stress.
Als endlich die moderne Invasion der Computer, inklusive elektronischen Mails, in unserem
deutsch-schottischen Haushalt Einzug hielt, entspannte sich das Familienklima erheblich.
Meine ersten Emails an die BF wurden allerdings sehr skeptisch beäugt.

Immer wieder versicherte sie mir, dass sie doch lieber mit Füller und Papier schreiben würde. Dieses ganze elektronische Datenverarbeitungsbrimborium sei ihr definitiv zu unheimlich.
Ungeachtet dessen wurde sie über die Jahre von der praktische Seite des 'ich-schreibe-meinen-Brief-drücke-auf-Enter- und-schwupps-ist-er-800km von Deutschland entfernt-im französischen Briefkasten'  schlicht und ergreifend überrollt. Zwar hat sich die BF noch immer nicht wirklich mit dem Computergedöns -wie sie sagt -  anfreunden können aber meine letzte, auf die altmodische Art geschriebene Mitteilung von ihr an mich, waren die Grüße auf der Geburtstagskarte im letzten Jahr.
Soviel zu den Emails.
Die beste Erfindung für mich arme, alte, im Ausland Trübsal blasende Leseratte war aber mit Abstand der Amazon Online Bücher Shop.
Noch im Nachhinein könnte ich Jeff Bezos zu Tode knuddeln vor lauter Dankbarkeit für seine geniale Erfindung.
Als mir der Schottengatte 1995 ein Account einrichtete und wir zusammen ein paar Bücher online, damals noch aus Amerika, bestellten, konnte ich mein Glück kaum fassen.
Endlich, endlich konnte ich wieder nach Herzenslust lesen.
Der geneigte Leser wird sich an dieser Stelle vielleicht fragen: Hat Frankreich keine Bücher?
Doch!
Und eigentlich lese ich querbeet alles was mir  unter die Finger kommt aber:
ich hasse es, auf französisch zu lesen!
Es hat was mit der grammatikalischen Schreibweise französischer Romane zu tun.
Sie werden nach wie vor im passé simple, eine französische Form der Vergangenheit, die nur in geschriebener Sprache vorkommt, verfasst, und das heißt im Klartext, jedes Verb in der dritten Person Singular endet auf 'a' endet.
Il alla, il manga, il coiffa, il regarda .......
Das macht mich auf Dauer schlichtweg so kirre, dass ich mich vor lauter A's nicht mehr auf die Story konzentriere, sondern nur noch wütend auf die Verben starre.
Zudem haben französische Schreiberlinge, ob jetzt Schriftsteller oder Journalisten, die nervige Angewohnheit, ellenlange Sätze zu konstruieren. Bin ich  am Ende angekommen, habe ich den Anfang vergessen und kann geradewegs wieder von vorne anfangen.
Da lobe ich mir die Angelsachsen und lese am liebsten auf englisch.
Deren Bücher werden in Paris bei WH Smith, dem berühmten englischen Buchladen in der Rue de Rivoli  in der Nähe von der Place de la Concorde, verkauft.
Und der ist von meiner beschaulichen Normandie 160 km  entfernt.
Somit war der Einzug von Amazon in meinem Leben ein Segen. Und als es den Online Shop dann auch noch in Deutschland und Frankreich gab, gab es für mich keine Halten mehr.
Und nun bin ich wieder mal in meine Sieben-Meilen-Zukunfts-Stiefel geschlüpft und habe mir einen KINDLE gekauft: das elektronische Buch von Amazon!
Und ich bin genauso begeistert wie damals, als ich die ersten Mails an meine BF verschicken konnte, ohne mir regelmäßig einen Schreibkrampf inklusive einer Sehnenscheidentzündung einzuhandeln.

Der KINDLE von Amazon
Für mich als "Ausländer" ist diese Erfindung total genial.
Ich muss in keinen englischen JWD entfernten Buchladen fahren, muss nicht mehr  tagelang auf Post und somit auf Lesenachschub warten.
Ein Knopfdruck und dreißig Sekunden später ist mein Buch, zu jeder nur erdenklichen Tages- oder Nachtzeit auf meinem elektronischen Leser. Mal abgesehen davon, dass ich bis zu 3000 Bücher auf diesem Teil speichern kann, kann ich mir von jedem Buch eine umfangreiche Leseprobe herunterladen und mich danach erst entscheiden, ob ich das Buch kaufen möchte oder nicht.
Diese Funktion hat mir jetzt schon den ein oder anderen Euro erspart. Auch an das Lesen mit dem Kindle gewöhnt man sich schnell und im Bett abends möchte ich mein, im Vergleich zu einem schweren Schmöker federleichtes, elektronisches Gerät nicht mehr missen.
Ich kann die Schrift vergrößern oder verkleinern wie ich sie brauche, den Reader drehen und wenden wie ich es will und abends in aller Ruhe bei Amazon online stöbern, mir mein nächstes Buch aussuchen, die Rezessionen lesen und dann kaufen oder auch nicht - ganz wie es mir beliebt. Die Batterien halten fast endlos. Ich kann zwei Bücher lesen ohne nur einmal nachladen zu müssen und muss mir auch keine Seitenzahl mehr merken. Und dank seiner Technologie, die ohne beleuchtenden Hintergrund arbeitet, kann ich lesen und lesen und lesen ohne dass meine Augen müde werden.
Hach Ihr merkt es schon: ich bin total verknallt!
Die Frage die sich an dieser Stelle nun stellt:
Wird sich meine BF von mir anstecken lassen und sich auch einen Kindle kaufen?
Im Leben nicht!
Kennt Ihr die Werbung wo sich ein junger Mann beschwert, dass er zu nichts mehr kommt, seit seine Mutter stolze Besitzerin eines Laptops ist, weil sie ihn permanent anruft und fragt, ob man Mails auch Sonntags verschicken kann oder sie glaubt mit einem Tastendruck  das ganze WWW gelöscht zu haben?
Tja - meine BF ist zwar nicht ganz so blond aber auch nicht soooo weit davon entfernt.
Meine BF mit KINDLE? Im Leben nicht!

"Bist Du wahnsinnig?" würde sie mich fragen, wenn ich sie vom Kindle überzeugen wollen würde.
"Stell  Dir doch nur mal vor ich lese "mein Kindle Buch" entspannt mit Kerzenschein in der Badewanne! Und dann rutscht mir das dusslige Teil aus Versehen von den glitschigen Fingern.
Dann hätte ich mal eben so 130 Euro in den Sand beziehungsweise ins Wasser gesetzt!
Im Leben nicht!"

Tja so ist sie halt meine BF.
Aber: wo sie recht hat, hat sie recht.
Den Kindle in der Badewanne zu lesen ist vielleicht nicht ganz ungefährlich. :-)))

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