Freitag, 18. November 2011

Margarine Tag

Es gibt Tage, die sind unglaublich zäh.
Nichts will fließen wie gewohnt.
Man hat das Gefühl, dass ganz egal was man anfängt, irgendwie alles schief läuft.


Ich nenne solche Tage "Margarine"-Tage.
Man könnte nun glauben, dass dieser Vergleich zustande gekommen ist, weil ich, wie die billigste Margarine aus dem Discounter vor mich hin "schmiere".
Nicht schlecht diese Interpretation, aber in meinem Fall habe ich die Bezeichnung "Margarine Tag" meinem Sohnemann zu verdanken.

Mit knapp zwei Jahren und kurz vor dem Kindergarten, war Sohnemann nicht zu bremsen, um nicht zu sagen unausstehlich. Wann immer man ihn auch nur für einen Moment aus den Augen verlor, hatte er irgend einen Unsinn am Laufen.
An dem Tag, der dann fortan ein Margarine Tag werden sollte, hatte er es besonders faustdick hinter den Ohren.
Schon kurz nach dem Aufstehen, ich war damit beschäftigt die Mädels für die Schule fertig zu machen, fiel er von einem Wutanfall in den nächsten weil er nicht die nötige Aufmerksamkeit bekam, von der er glaubte sie stünde ihm zu.
Auch als die Mädels schon längst in der Schule waren, wollten sich seine gerupften Federn nicht legen.
Wenn Sohnemann schlechte Laune hatte, war er erst zufrieden, bis die ganze Welt die schlecht Laune mit ihm teilte. Typisch Mann eben!
Ich war schon so ziemlich am Ende meines pädagogisch sinnvollen Lateins, als mir die Milchtüte aus der Hand glitt und der Inhalt breitflächig über den Küchenboden explodierte. Just in diesem Moment klingelte das Telefon und meine französische Freundin flötete ein fröhliches "Âllo?" durch den Äther.
Während ich nun mit einer Hand telefonierte, mein Leid klagte, zeitgleich versuchte mit Hund Nr.1 ... er leckte genüsslich die Milch vom Küchenboden ... den selbigen zu putzen, hörte ich Sohnemann im Wohnzimmer fröhlich  auflachen.
Meine Erleichterung, endlich wieder ein glückliches Kind zu haben, wich totalem Entsetzen, als ich , immer noch den Telefonhörer am Ohr, in der Wohnzimmertür stand.
 "Sorry! Ich muss auflegen! Ich ruf dich später wieder an!" Noch bevor meine Freundin antworten konnte hatte ich den Hörer hingeworfen.
Mir bot sich ein Bild der absoluten Verwüstung!
Aus irgendeinem, mir bis heute unerfindlichen Grund, hatte sich Hund Nr. 2, ein junger Irischer Setter, in den Kopf gesetzt, dass die am Vortag frisch gegossene Yuccapalme, ein adäquates Hundespielzeug sei. Diesen abstrusen Gedanken teilte er ganz offensichtlich mit Sohnemann.
Vielleicht war es ja auch umgekehrt.
Auf jeden Fall hatten es beide irgendwie geschafft, die Pflanze aus dem großen schweren Blumentopf zu wuchten und während sich Hund Nr.2 auf der einen Seite der Pflanze knurrend in die Wurzel verbissen hatte, zog das Kind laut lachend am anderen Ende an den Blättern. Dabei entstand so eine Art Tauziehen, hin - her - hin - her, bei der die leicht muffige riechende, nasse Erde, fein säuberlich, in großen, schwarzen Klumpen auf den Teppichboden im Wohnzimmer fiel und von vier Hundepfoten und zwei Kinderfüßen breitgetreten wurden.
Hätte ich die Geistesgegenwart besessen und gefilmt, wäre der Film heute auf You Tube der Renner.
Statt dessen verlor ich die Nerven und fing fürchterlich an zu schreien, was beide, also Hund Nr.2 und Sohnemann dazu veranlasste, sich panikartig unter dem Küchentisch zu verkriechen.
Hund Nr.1 war übrigens immer noch damit beschäftigt, in der Küche die mit Milch bespritzen Möbel genüsslich abzulecken.
Ich atmete so tief durch, dass ich fast hyperventilierte und fing an, die Yuccapalme, oder zumindest das was von ihr noch übrig geblieben war, in den umgekippten Blumentopf zu stopfen.
Mit was hatte ich ein solches Kind verdient?
Konnte es noch schlimmer werden? fragte ich mich verzweifelt.
Oooh jaaaaa!
 Was ich nicht ahnte, während ich damit beschäftigt war die nasse Erde vom Teppichboden zu kratzen: Sohnemann hatte bei seiner Flucht unter den Küchentisch die Margarine von dem noch nicht weggeräumten Frühstück erwischt ... und strich diese nun, hoch konzentriert und von Hund Nr.2 begeistert angehimmelt und angehechelt, an die Unterseite der Holzplatte. Ich denke mal er wollte seinen Papa nachahmen, der seit Wochen die kaputten Wände in unserem normannischen Haus verspachtelte.
Wenn mir jemand in diesem Moment einen freien Platz in der Nervenheilanstalt in der Nähe von Paris angeboten hätte, ich hätte dankend angenommen.

So ab und an erwischen mich solche Margarine Tage auch heute noch, allerdings in extrem abgeschwächter Form. Gott sei Dank ist Sohnemann, der sich mit 17 langsam zum Gentleman mausert, nicht mehr der Auslöser.

Gestern war es mal wieder soweit: Ein Margarine-Tag par excellence!
Erst goss ich mir saure H-Milch in den Kaffe, dann trat ich in eine tote Maus und der Tierarzt auf den ich wartete, weil eine unserer Stuten fiebert, kam auch ewig nicht bei, so dass ich wie ein Schluck Wasser in der Kurze hing. Um das Ganze dann auch noch gebührend zu krönen, stach ich mich mit einer Nadel böse in den Finger, was zur Folge hatte, dass sich mein Bastelkarton unschön rot verfärbte...
Die negative Wolke die sich um meinen Kopf immer mehr verdichtete sorgte dafür, dass was auch immer ich anfasste, einen Margarine-fettigen Film bekam, der meinen Durchblick verhinderte und den ich, trotz aller intensivsten Anstrengungen, nicht weggeputzt bekam.
Eigentlich müsste man sich an solchen Tagen mit einem guten Buch auf das Sofa hauen und die Welt da draußen an sich vorbei ziehen lassen.
Was aber, wenn einem der Zeitdruck im Nacken hängt, man gefühlte tausend Projekte angefangen hat, und man keines davon mit Zufriedenheit beenden kann?
Zähne zusammenbeissen und durch?
Ich hatte Glück, denn die BF rief an.
Danach ging es mir besser.
Die negativen Schwingungen um mich herum waren zwar nicht 100%ig beseitigt aber doch abgeschwächt, und als ich mich wieder an meine Projekte im Blauen Scraphaus setzte, flutschte es plötzlich.Nicht sehr lange und auch nicht spektakulär.
Aber an Margarine-Tagen bin ich schon für kleine Erfolge sehr dankbar.


2 Kommentare:

Kathrin hat gesagt…

Also wenn man das jetzt so liest muss man schon schmunzeln! Auch wenn es dir damals und heute ganz sicher nicht zum lachen war.
Sei mal getröstet und Kopf hoch - morgen wird ein besserer Tag :)

LG Kathi

Stempelperle hat gesagt…

Liebe Pia,

ich habe beim Lesen mit dir gelitten. Soviel Ärger an einem Tag - nein, das ist nicht fair!

Aber ich musste sehr schmunzeln und in meinem Kopfkino lief der nie veröffentlichte Youtube-Film ab...

Ein dicker Grinsegruß und eine liebe Umarmung
Stempelperle

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Kommentare salzen meine Bloggersuppe ...

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