Sonntag, 8. Juli 2012

Manchmal fehlt mir deutsches Brot...

So oder so ähnlich würde ich den Titel meines Buches nennen, sollte ich jemals die Muße finden, meine drei Jahrzehnte Frankreich auf Papier zu bringen.
Inklusive dem Untertitel:

Die kleinen Alltagssorgen einer sonst sehr erfolgreichen Auswanderin.

Ich bin sehr glücklich in Frankreich.
Auch wenn die Anfangsjahre knallhart waren und ich lange gebraucht habe, mich mit der französischen Lebensrealität anzufreunden. Weit weg von Familie und Freunden, konfrontiert mit einer Sprache, die nicht nur nicht meine war, sondern in der ich mich jahrelang im Schulunterricht mit einer Fünf blamierte und mich meine damalige Französischlehrerin mit der Begründung aus dem Kurs warf, dass ich wohl zu blöd sei, jemals die Sprache von Molière auch nur ansatzweise zu beherrschen. Das waren nicht gerade die idealsten Voraussetzungen, um sich im Land der Gallier wohl zu fühlen.
Hinzu kam, dass die Idee zum Landwechsel nicht auf meinem, sondern auf dem Mist vom verrückten Schottengatten gewachsen war. Der kam, ein Jahr vor meinem Staatsexamen, eines Tages freudestrahlend mit der Nachricht nach Hause, sich für einen Job in Paris beworben zu haben und er würde allen Ernstes erwägen nun fortan in der Stadt der Liebe sein berufliches Glück zu suchen ... und  es dort auch hoffentlich zu finden.
Welch ein Chaos er damit in mein, bis daher beschauliches und wohl durchgeplantes Leben brachte, kann nur der wirklich nach vollziehen, der wie ich mit jungfräulichen - und ich meine hier jetzt die horoskopischen und nicht die sexuellen - Eigenschaften behaftet ist.
Jungfrauen hassen alles Spontane und Unüberlegte.
Spätestens da wurde mir klar, dass ich mir mit einem Zwilling als Ehegatten das falsche Pendant ausgesucht hatte. Da ich ihn aber liebte, packte ich unsere Koffer und wanderte aus.
Für den Schottengatten war es ungleich einfacher. Nicht nur, dass er in einer internationalen Firma an heuerte, in der sowie hauptsächlich englisch gesprochen wurde und somit der Übergang für ihn gleitend war, er hatte das ganze Auswandergedöns ja schon einmal erfolgreich hinter sich gebracht, als er Schottland verließ, um in Deutschland zu arbeiten. Er wusste was auf ihn zu kam.
Ich allerdings sprang  ins eiskalte Wasser und durfte mich mit so irr witzigen Problemen herumschlagen wie:
Was verdammt nochmal heißt Paniermehl auf französisch?
Da stand ich nun, im pariserischen Supermarkt. Mit meinem Minidictionary bewaffnet suchte ich mir in den Regalen die Augen aus dem Kopf, nur weil ich mir in den Kopf gesetzt hatte, den Schoga mit selbst gemachten Wiener Schnitzel zum Abendessen zu überraschen.
Schon mal versucht mit Händen und Füßen Semmelbrösel zu erklären?
Die Verkäuferin jedenfalls dachte ich sei irre, als ich immer wieder auf das Baguette zeigte und dabei aufgeregt meine Hände aneinander rieb.
Ob die jungen Leute von heute eine Ahnung haben wie einfach das Leben mit Smartphones und Internet geworden ist? Die Verkäuferin jedenfalls konnte mit meinen verzweifelt zusammengesetzten französisch "panade et farine" nicht wirklich viel anfangen, was nicht erstaunlich ist, wenn man weiß, das panade eine Brotsuppe ist
Ich glaube es erübrigt sich zu erwähnen, dass es an dem Abend Schnitzel ohne das Wiener gab.
Oder aber ich wurde von der Concièrge des Gebäudes in dem wir wohnten mit einem temperamentvollen gallischen  Wortschwall überflutet, von dem ich natürlich keine Silbe verstand, weil meine Hunde nach dem unbefriedigtem, weil permanent an der Leine und verregneten Spaziergang in der französischen Hauptstadt, mit nassen schmutzigen Pfoten über ihre frisch geputzten und auf Hochglanz polierten schwarz weißen Marmorfliesen in der Eingangshalle tapsten.
Stadt der Liebe?
Paris ist toll ... für Touristen, die sich nicht tagtäglich mit französischer Ungeduld, mörderischem Verkehr, stundenlanger Parkplatzsuche, nicht vorhandene Auslaufs-Möglichkeiten für Hunde und Wohnungen in höheren Etagen mit sardinendosengroßen Aufzügen, wenn überhaupt, herumschlagen müssen.
Nach knapp zwei Jahren hatte ich die Nase gestrichen voll und wir zogen aufs Land.
Erst in Richtung Süden nach Fontainebleau und ein paar Jahre später in Richtung Norden in die Normandie.
Aber das ist eine andere Geschichte.
30 Jahre sind eine lange Zeit.
Frau wird nicht nur älter und ruhiger, sie passt sich den Gegebenheiten an.
Ich habe mich durch meinen anfänglichen Auswanderer Blues gebissen und bin im französischen Hier und Jetzt angekommen.
So sehr, dass ich mich in Frankreich zwar immer noch recht deutsch fühle und sogar deutsche Freunde hier habe, aber dann doch wieder so französisch, dass ich, wenn ich einmal im Jahr die Familie in Deutschland besuche, sofort die gallische Gelassenheit vermisse.
Eine große deutsche Leidenschaft jedoch ist geblieben und ich leide unter regelmäßigen Abständen unter massivem Liebeskummer: die Liebe zum deutschen Brot.
Es gibt einfach nichts Vergleichbares!
Was dem Franzosen der Käse ist, ist dem Deutschen das Brot.
Frisches Baguette ist toll - ohne Frage. Leider muss man mindestens eine halbe Stange davon essen, um halbwegs satt zu werden und manchmal sehne ich mich regelrecht nach den hunderten verschieden Sorten in deutschen Bäckereien.
Hier sind alle Brote weiß. Und das hängt mir zum Hals raus.
Baguette ist wie Paris: irgendwann wird man es überdrüssig.
Und die dussligen, klobigen und in meinen Augen völlig unpraktischen Brotmaschinen können einem frisch gebackenem Sauerteig Brot vom traditionellen Bäcker nicht das Wasser reichen.
Ende des Monats geht es zum jährlichen Besuch nach Good Old Germany.
Und dreimal dürft Ihr raten, was ich tonnenweise auf dem Rückweg im Gepäck haben werde.
☺☺☺


.

6 Kommentare:

Kathrin hat gesagt…

Liebe Pia,
sag mir Bescheid, ich kauf dein Buch SOFORT!! :-)

Auf den ersten Eindruck hört sich deine Geschichte schon wildromantisch an - aber ich glaube dir aufs Wort dass es da so einige Widrigkeiten gab, um die man dich sicher nicht beneiden wird.

Den Brotbackautomaten hätte ich dir jetzt auch vorgeschlagen, ich hab seit einer Woche einen und bin eigentlich ganz zufrieden damit.

Wenn´s ginge würde ich dir jede Woche 2 Brote per Post schicken, aber ich glaub, *frisch* ist was anderes...

LG Kathi

Anonym hat gesagt…

Achja, davon kann ich ein Liedchen singen liebe Pia.
Uns ging es nicht anders... bis... ja bis wir auf "Hvasser" gelandet sind.
Denn hier hat sich ein Bäcker aus Deutschland niedergelassen
und beliefert uns sogar frei Haus, dann nenn ich mal Service!

Ich hatte gerade einen Lachanfall wegen der Geschichte mit den Semmelbröseln, denn mit genau diesen Semmelbröselproblem stand
ich hier in Norwegen auch so richtig doof da. ;)

Ich wünsch Dir einen guten Start in die Woche
LG aus dem wunderschönen Norwegen
Sabrina

Gute Laune in Frankreich hat gesagt…

Ach und für alle die, die in Frankreich nach Semmelbrösel suchen: "chapelure" heißt das Zauberwort
♥♥♥

MarionK hat gesagt…

Ha, wie witzig ist das dann? In meiner Kanadazeit hab ich auch so sehr dt. Brot vermisst. Und immer weißes American Toast ist noch schlimmer als Baguette. Wir haben dann selber Sauerteigbrot gebacken. OHNE Automat. ;)

Pia, schreib das Buch mal, das wird ein Bestseller bei Deinem Schreibstil. Ich kaufe mindestens zwei :)

Kreative Träume hat gesagt…

Liebe Pia!
Deine schöne Geschichte ist genau das Richtige für meinen Wochenstart!
Abgesehen davon, dass ich Brot manchmal (nur wenn ich zu faul bin) 3 x täglich esse, wär ich vor vielen Jahren auch fast ne Deutsche in Frankreich geworden.
Aus der Liebe ist zum Glück eine tiefe Freundschaft geworden und so kann ich zum Glück immer noch etwas französisch schwelgen!
Ich wünsch Dir eine wunderschöne Woche!
Liebe Grüsse, Andrea

StempelBox hat gesagt…

Liebe Pia, ich lese so gerne auf deinem Blog. Dein Schreibstil gefällt mir sehr und ich könnte mir vorstellen, dass dein Buch ein großer Erfolg werden würde. Alleine der Titel amüsierte mich bereits. Diese schwierge Zeit kann ich mir gut vorstellen. Bei mir wäre auswandern nach Frankreich gerade so als ob ich über die Straße hüpfe ;-). Beim Waldspaziergang sagt man hier "Bonjour", da es schon französisches Gebiet ist.
Die Unterschiede sind so gravierend, wenn du über die Grenze gehst - ob es das Leben, die Häuser, die Menschen, die Lebensart betrifft - aber feiern können wir auch ganz gut gemeinsam ;-). Und das Brot müssen die "Ausgewanderten" GSD auch nicht vermissen. Da versteh ich dich nur zu gut. Mir würde das Brot in seiner Vielfalt ebenfalls fehlen. Liebe Grüße Susanne

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