Freitag, 27. Mai 2011

Der Regenschirm und die Normandie...

... gehören zusammen wie der Hase und Ostern, wie das weiße Fell und der Eisbär, wie die Palme zum Südseestrand. Der Regen und die Normandie bilden in den Köpfen der Franzosen (und Zu gereisten) eine felsenfest verankerte Einheit, die durch nichts zu erschüttern ist. Erzählt man einem Nicht Normannen, dass man in der Normandie lebt, verdreht der nur die Augen gen Himmel und murmelt mitleidig: "Oh mon dieu! Mais il pleut en Normandie! Es regnet dort doch nur!"
(Mehr über den Normannen: Die normannische Seele ist wie ein Ikea Katalog)

Frankreich ist geografisch meteorologisch strikt zweigeteilt: Nord und Süd!
Im August leert sich die Hauptstadt bis auf die Touristen fast komplett, und wer Rang, Namen und fahrbaren Untersatz hat, fährt für die Länge der Ferien in den Süden. Denn nur er ist der Garant für azurblauen Himmel, laue Nächte, zirpende Grillen, Sommerfeeling, Strand und Meeresrauschen.
Die weniger Glücklichen, oder auch die, die keine Lust auf nackisch an nackisch eingeölte Strandsardinen haben, fahren in den Norden - ie: Normandie, Bretagne - , wohl wissend, dass sie unbedingt an Regenschirm, Wolljacke und Friesennerz denken müssen.
Als mich vor ein paar Jahren, meine auch hier lebende, deutsche Freundin in ihr Ferienhaus in der Nähe von Cannes einlud, reagierte sie zunächst leicht verstört, als ich ihr ankündigte, des Abends unbedingt die Wettervorhersagen im Fernseher anschauen zu wollen.
"Was willst du Météo anschauen, wenn Du nur auf die Terrasse zu gehen brauchst?" fragte sich mich kopfschüttelnd und prophezeite: "Hier wird erfahrungsgemäß in den nächsten Wochen nicht ein einziger Tropfen Regen fallen!"
"Ich möchte einmal vor Météo-France sitzen und nicht neidisch in den Süden schielen, weil dort schon wieder tagelang die Sonne vom Himmel brennt. Diesmal sitze ich im Süden! Wie die Made im Speck! Und freue mir ein Loch in den Bauch, weil es zu Hause in der Normandie in Strömen regnet, während ich mir wegen der Gluthitze hier die Klamotten vom Körper reiße."
Deutsche Freundin lächelte ergeben, plattgewalzt von meiner Logik, und ließ mich im abgedunkelten Wohnzimmer vor der Flimmerkiste sitzen. Das kurz darauf platschende Geräusch ließ mich wissen, dass sie in den hauseigenen Pool abgetaucht war.

Doch das Blatt wendet sich.
Immer öfter hören wir in den Nachrichten von verheerenden Wasserfluten die weite Teile des französischen Südens auch im Sommer überschwemmen. Wir im Norden hingegen wundern uns, dass die sehr lauen Sommernächte uns nicht spätestens mit dem Einbruch der Dunkelheit, fröstelnd Kissen und Decken aus dem Haus holen lassen, wenn wir nach dem Grillen noch ein bisschen länger draußen sitzen wollen. Auch das aufblasbare Schwimmbecken ist seit ein paar Jahren eine feste, sich doch tatsächlich lohnende Einrichtung in unserem Garten und das Wasser erwärmt sich ohne mit der Wimper zu zucken auf 25 Grad - ohne zusätzliche Heizung!

2011 wird definitiv in die Annalen eingehen, denn wir haben seit Wochen keinen wirklich nennenswerten Regentropfen abbekommen.

Der Regen, verantwortlich für die saftig grünen Wiesen, bestückt mit Herden von glücklichen Milch-Kühen, die sich am Baumstamm der Apfelbäume genüsslich den Rücken kratzen - das heimliche Wahrzeichen der Normandie - , hat sich regelrecht vom Acker gemacht.
Wir haben schon jetzt ein arrêté municipal, welches uns verbietet unsere Gärten zu wässern.
Und wir haben gerade mal Ende Mai!
Heute morgen habe ich hoffnungsfroh auf die dunkle Wolkenwand geschaut, die sich am Westhimmel bedrohlich auf türmte, um nur wenige Minuten später enttäuscht in den sich blau aufreißenden Himmel zu schauen. Und das, nachdem ich im Januar noch über das allgegenwärtige Grau in Grau gejammert habe! (Wenn die Normandie sich in ihr graues Kleid hüllt)


Ich hätte nie gedacht, dass jemals hier in der Normandie zu sagen: Wir brauchen dringend Regen!
So toll das südländische Feeling im Moment mit jetzt schon dick wachsenden Früchten an meinem exotischen Feigenbäumchen, zirpenden Grillen und fast alltäglichem abendlichen Barbecue auch ist, wenn die Hunde den Kiesweg zum morgendlichen Spaziergang runter rennen, hinterlassen sie eine Staubspur, die den Szenen aus Wild West Filmen alle Ehre machen würde.

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